01.12.2017

Der peruanische Kleinbauer und Bergführer Saúl Luciano Lliuya lebt mit seiner Familie in der Andenstadt Huaráz. Ein durch den Klimawandel schnell wachsender Gletschersee wird zum Risiko für die 120.000-Einwohner-Stadt. Mit Unterstützung von Germanwatch hat er am 24.11.2015 beim Landgericht Essen Klage gegen RWE eingereicht. Die jetzt verkündete Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm für den Eintritt in die Beweisaufnahme gegen RWE ist von größter rechtlicher Bedeutung. Denn erstmals wurde von einem Gericht bejaht, dass prinzipiell ein Unternehmen für die Verursachung klimabedingter Schäden verantwortlich ist. Voraussetzung ist, dass der Anteil an konkreten Schäden oder Risiken dem Unternehmen zugeordnet werden kann.
"Das ist wirklich ein großer Erfolg nicht nur für mich, sondern für alle Menschen hier in Huaráz und anderswo in der Welt, wo Klimarisiken drohen. Die Unternehmen, die erheblich zum Klimawandel beitragen, müssen jetzt auch Verantwortung übernehmen. Ab jetzt geht es darum, den Beitrag von RWE zum Gletscherschwund in Peru auch zu beweisen. Das wird noch ein langer Weg. Aber als Bergsteiger bin ich lange, steinige Wege gewohnt," kommentiert Saúl die Entscheidung.

Sollten sich Eisblöcke von den Gletschern lösen und in den See stürzen, würde eine verheerende Flutwelle und im Anschluss eine meterhohe Überschwemmung in den unteren besiedelten Gebieten drohen. Wissenschaftler gehen von einer bis zu 30m hohen Flutwelle aus. Saúl macht für die drohende Gefahr die gewaltigen Emissionsmengen der Energiekonzerne verantwortlich. Er will mit seiner Musterklage erreichen, dass RWE gemäß dem Prozentsatz aller weltweit freigesetzten Treibhausgasemissionen, für den der Konzern verantlich ist, sich an den Kosten zur Absicherung von Huaráz beteiligen muss.
Nach Ansicht der Rechtsanwältin des Klägers existiert durchaus eine rechtliche Grundlage für diese Entscheidung in ähnlicher Form in mehr als 50 Staaten der Welt. Somit könnte die Entscheidung erhebliche Auswirkungen für die Rechtspflichten der großen Emittenten haben.
"Schon der Einstieg in die Beweisaufnahme in diesem Fall schreibt ein Stück Rechtsgeschichte", sagte Rechtsanwältin Roda Verheyen. "Das OLG Hamm hat sein Votum aus der mündlichen Verhandlung vom 13. November bestätigt: Großemittenten von Treibhausgasen können für Schutzmaßnahmen gegen Klimaschäden zur Verantwortung gezogen werden. Jetzt können wir endlich im konkreten Fall beweisen, dass RWE das Risiko der Gletscherflut vor Ort mitverursacht hat und weiter mitverursacht."
Im konkreten Fall geht das Verfahren nun in die Beweisaufnahme: Wie stark ist das Haus von Saúl Luciano Lliuya tatsächlich akut durch eine Gletscherflut bedroht? Wie groß ist der Anteil der RWE-Emissionen an den globalen Emissionen? Und kann bewiesen werden, dass dieser Anteil zum Risiko einer Überflutung beigetragen hat? Bleibt zu hoffen, dass die Beweisführung gelingt und auch die Politik endlich die Verursacher in die Pflicht nimmt.
hjo
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