Reparieren aus Leidenschaft ist ein Geschäft

Unser Elektroschrott vermüllt Afrika Foto: Unicef/Kai Löffelbein

Ein schwäbischer Tüftler und Macher kämpft gegen Gerätemüll: Detlef Vangerow will nicht hinnehmen, dass viele (Haus-)Geräte, die wir nutzen, auf der Kippe oder im Ofen landen, wenn sie uns ihren Dienst versagen. Denn der Fernsehmechaniker weiß: Vieles lässt sich wieder gerade biegen. Deshalb gründete Vangerow mit Kollegen ein Netzwerk der Reparaturbetriebe. Sie nennen sich „Mein Macher“ und schaffen mit großem Erfolg. global° erzählt er wie und warum...

 

Reparatur lohnt. „Über Nachhaltigkeit sollte man nicht nur sprechen, sondern auch dementsprechend handeln.“ Weil er das erkannte, machte Vangerow aus seiner Idee ein Geschäft: Seine Firma im schwäbischen Mittelstadt, einem Flecken zwischen Reutlingen und Tübingen, beschaftigt inzwischen 40 Mitarbeiter und kooperiert mit über 1.000 selbstständige Reparatur-Partnern.

 

Wie kamen Sie auf die Idee, einen Reparatur--‐Service im Netz aufzuziehen?

Ich bin selbst gelernter Rundfunk- und Fernsehtechnikermeister und hatte ein kleines Fachgeschäft in der Nähe von Reutlingen. Dadurch lernte ich die Probleme der kleinen reparierenden Betriebe kennen. Sie hatten zwar ein großes Know-how in der Reparatur komplizierter technischer Produkte und trotzdem musste ich als Unternehmer um 1990 herum mit ansehen, wie genau diese Unternehmen oft am Existenzminimum lebten. So auch ich.

Ich wollte aber nicht glauben, dass dieser Berufsstand zum Sterben verurteilt sein sollte.

 

Was machten sie dagegen?

Ich wollte etwas dagegen unternehmen. Seit dieser Zeit entwickelte ich viele Geschäftsideen und Netzwerke

mit dem Ziel, die reparierenden Betriebe zu erhalten.

 

Warum?

Immer wieder begegneten mir Verbraucher, die beklagten, dass sie niemanden mehr für ihre Reparaturen fanden. Auf der anderen Seite beklagten sich aber auch die Betriebe über einen Rückgang der Reparaturen.

Das begriff ich zuerst nicht. Es dauerte eine Weile bis ich verstand, dass hier ein riesiges Kommunikationsproblem vorlag.

2009 machte ich dann die ersten Experimente mit dem Internet. Wir boten Reparaturen für Kaffeevollautomaten an. Zuvor konnten sich die Kunden bei Reparaturen nur an die Hersteller und Vertragswerkstätten wenden. Unser Kaffeemaschinen-Macher war dann ein voller Erfolg.

 

Wie

Der Bedarf war riesig und ist seitdem immer noch steigend.

 

Profis machen kaputte Elektroteile wieder flott

 

 

DEtlef Vangerow Foto: privat

Sind all Ihre Partner ausgebildete Profis?

Unsere Partner sind in der Regel in der Handwerksrolle eingetragen. Bei Reparaturgruppen, die nicht unbedingt Handwerksleistungen sind, wie Computer oder Smartphones, gilt auch die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer oder eine Fachhandelskooperation.

 

In welchen Sparten sind die Partner ausgebildet?

Im Augenblick: Rundfunk- und Fernsehtechnik, Computertechnik, Elektroinstallation.

 

Was alles können Sie reparieren?

Unsere Leistungen bieten wir im Augenblick an für: Kaffeevollautomaten, „Weiße Ware“ (Waschmaschinen,

Geschirrspüler, Herde, Kühlschränke usw.), „Braune Ware“ (Fernsehgeräte, Hifi usw.), Sat-Technik und Kabelfernsehen, Smartphones, Handy, Elektroinstallationen. Wir erweitern unser Programm aber schrittweise.

 

Was kostet das den Kunden?

Die Leistung des Portals ist für den Kunden kostenlos.

 

...aber die Reparatur?

Die muss der Kunde mit dem Reparaturbetrieb selbst aushandeln.

 

Über 1.000 Kilometer Waschmaschinen repariert und Müll gespart

 

Wie sind die Preise?

In wenigen Fällen wie bei i-Phones gibt es Preisempfehlungen. Seit Neuestem gibt es auch Aktionsangebote, die Kunden auf unseren Seiten erfahren.

 

Wie viel spart der Kunde durch diese Reparaturen?

In aller Regel sollte sich eine Reparatur unter der Hälfte des Neupreises bewegen. Nehmen wir mal als Beispiel ein i-Phone 4S: Das Ersetzen des Displays kostet 98 Euro. In aller Regel lohnt sich das.

 

Trotzdem kaufen sich viele Kunden bei der Gelegenheit ein neues Gerät und die Frage des Sparens stellt sich nicht. Das ist auch ein bisschen eine Frage der Lebenseinstellung.

 

Wie viele Kunden hat der Service insgesamt?

Im Augenblick haben wir jeden Monat etwa 10.000 neue Kunden.

 

Wie viel „Müll“ haben Sie auf diese Weise im Netzwerk insgesamt schon vermieden?

Die Frage der Müllvermeidung liegt uns besonders am Herzen.

 

Warum?

Leider produziert die Industrie immer mehr Geräte, die nicht mehr repariert werden sollen. Es gibt gar keine Ersatzteile, oder der Hersteller hat sie lächerlich teuer gemacht.

Manchmal sind die Ersatzteilpreise teurer als ein Neugerät. Ob der Hersteller eine Reparatur wünscht brauchen wir hier nicht mehr fragen. Es gibt viele Möglichkeiten den Verbraucher zu zwingen neue Geräte kaufen zu müssen. Trotzdem haben unsere Partner es geschafft im letzten Jahr rund 50 Tonnen Elektro-Müll zu vermeiden.

Würde man allein die in Deutschland reparierten Waschmaschinen, Trockner, Herde, Spülmaschinen, Kühl- und Gefrierschränke aneinander reihen, würde sich laut einer unserer Umfragen eine Strecke von Stuttgart nach Berlin und wieder zurück ergeben: 1.078,242 Kilometer!


pit

 

 

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