Artenschutz in der Tiefkühltruhe

Rettung für Löwe, Iberischen Luchs und Co.? Forschern des IZW (Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung) ist es erstmals gelungen, die Eierstockrinde (Cortex) diverser Wildkatzenarten einzufrieren und unbeschadet wieder aufzutauen. Der Cortex ist das Reservoir tausender unreifer Eizellen- damit spielt sein Erhalt eine zentrale Rolle für die Bewahrung der genetischen Vielfalt.

 

Foto: flickr/Wouter van Vliet

Das Grundrezept zum Einfrieren stammt aus der Humanmedizin: Zur Erhaltung der Fruchtbarkeit krebskranker Frauen wird diesen vor Beginn einer Strahlen- oder Chemotherapie das Eierstockgewebe entnommen. Die in flüssigem Stickstoff eingefrorenen Zellen werden nach erfolgreicher Tumorbekämpfung in den Körper der Patientin zurücktransplantiert.

 

Dieses Prinzip der Gefrier- oder Kyrokonservierung lässt sich jedoch nicht eins zu eins auf Tiere übertragen. Die Cortexzellen jeder Art sind einzigartig, was die Entwicklung eines einheitlichen Gefrierverfahrens derzeit unmöglich macht. Die IZW-Wissenschaftler entschieden sich für ein allmähliches Einfrieren des Gewebes- mit jeder Minute wurde es 0,3 Grad Celsius (°C) kälter, bis schließlich mit -196°C das Limit erreicht war. 14 Tage nach dem Auftauen waren die Zellen noch immer am Leben.

 

Foto: IZW

“Hoffnungsschimmer für bedrohte Arten“

 

Die Gendatenbank „Arche“ des IZW beherbergt bereits unzählige Spermaproben etlicher Wildtierarten. Die neueste Errungenschaft der Forscher bezeichnet Prof. Dr. Katarina Jewgenow als „enormen Fortschritt für den Artenschutz. Besonders für bedrohte Tierarten ist die erfolgreiche Kyrokonservierung männlicher und weiblicher Keimzellen ein Hoffnungsschimmer“, so die IZW-Abteilungsleiterin.

 

Laut Pressesprecher Steven Seet können die Zellen im gefrorenen Zustand hunderte von Jahren überleben und damit mehrere Generationen überdauern. Forschern des Instituts ist es jüngst sogar gelungen, ganze Embryonen einzufrieren. „Damit könnten weniger bedrohten Arten Embryonen stark gefährdeter Tiere eingepflanzt werden- so könnte zum Beispiel eine Unterart des Sumatra-Nashorns mit dem Indischen Nashorn als ‚Leihmutter‘ am Leben erhalten werden“, erläutert Seet.

 

Aufbewahrte Gene von Wildtieren über Generationen hinweg spielen, im Zusammenspiel mit künstlicher Befruchtung, seit Jahren eine zentrale Rolle im modernen Artenschutz. 2007 rief das IZW das Felid-Gametes-Rescue-Projekt ins Leben. Ziel ist der Aufbau eines europäischen Netzwerks zur Gewinnung und Aufbewahrung von Katzenkeimzellen. Nutznießer sind zum einen die Zoos, die bei Nachzuchtprogrammen von dem gesammelten Erbmaterial profitieren sollen. Zum anderen die Tiere: Sollte es schon mit dem „konventionellen“ Artenschutz nicht klappen, sorgt hoffentlich wenigstens die Moderne dafür, dass wir Löwe, Iberischen Luchs und Co. künftig nicht nur noch auf Bildern bestaunen dürfen. NISO

 

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