23.01.2020
Diese Frage stellte sich Prof. Dr. Michael Grimm, Entwicklungsökonom an der Universität Passau. Er untersuchte historischen Daten aus den USA zum demographischen Übergang im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert und kommt zu dem Ergebnis, Kinder in armen, ländlichen Regionen dienen nicht nur der Altersvorsorge, sondern auch der Absicherung gegen befürchtete Risiken wie Ernteausfälle.
„Meine Auswertung zeigt, dass bäuerliche Familien in Gegenden (Counties) mit starken Wetterschwankungen mehr Kinder hatten als in Regionen mit weniger starken Wetterschwankungen“, sagt Prof. Grimm.
Kinder übernähmen Tätigkeiten im Haushalt und erlaubten dadurch älteren Familienmitgliedern, mehr Arbeit auf dem Feld oder in nicht-landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu verbringen. Mit zunehmendem Alter könnten die Kinder in schlechten Zeiten auch selbst direkt bei der Einkommenserzielung mitwirken. 945.038 Beobachtungen aus historischen Zensus-Daten zu Frauen zwischen 15 und 39 Jahren flossen in die Studie ein, ebenso historische Wetteraufzeichnungen und Daten zur Landwirtschaft und zum Bankenwesen. Der Effekt, wonach starke Wetterschwankungen mit einer hohen Geburtenrate einhergehen, hält auch dann stand, wenn potentielle andere strukturelle Unterschiede zwischen Gegenden mit hohen und niedrigen Wetterschwankungen berücksichtigt werden, heißt es in der Studie.
Mit dem Einzug von Bewässerungsanlagen, modernen landwirtschaftlichen Methoden und dem Bankenwesen schwindet offensichtlich die Notwendigkeit der Absicherung durch Kinder. Schon bei einem Anteil von 25 Prozent bewässerter Fläche gemessen an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche, hatte die erhöhte Regenfallvariabilität eine sinkende Geburtenrate zur Folge; vergleichbar der Geburtenrate in Gegenden mit geringer Regenfallvariabilität, da die Höfe nicht mehr fürchten mussten, dem Risiko von Schäden etwa durch Dürren hilflos ausgesetzt zu sein. Einen signifikanten Effekt gab es auch beim Einsatz von Maschinen.
Laut Prof Dr. Grimm liefern die historischen Daten wichtige Erkenntnisse für die aktuellen Herausforderungen der Entwicklungspolitik: Denn der Klimawandel verschärft das Risiko extremer Wetterlagen, was wiederum erklären könnte, weshalb der demographische Übergang in manchen Gegenden Subsahara-Afrikas stockt. Die Studie ist in der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift "Journal of Economic Geography" erschienen.
Zum Beitrag im Forschungsmagazin der Universität Passau
hjo
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