Die Nacht wird immer mehr zum Tag: In einem internationalen Forschungsprojekt wiesen jetzt Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), der Freien Universität Berlin, der Universität Bremen und des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) gemeinsam mit Kollegen aus Europa, Nordamerika und Asien nach, dass der Nachthimmel durch Kunstlicht inzwischen an vielen Orten des Planeten die natürliche Dunkelheit „so stark verändert wie kaum eine andere Entwicklung in der Geschichte der Menschheit“.
Welche Auswirkungen die immer heller werdenden Nächte auf die Natur haben, sei, so betonen die Wissenschaftler in einer Publikation über ihre Studie, bisher noch weitgehend unbekannt. Die Forscher vermuten allerdings, dass sich dadurch „Verhaltensmuster von Tieren ändern, die nächtliche Navigation einzelner Arten gestört wird und Räuber-Beute-Beziehungen aus dem Gleichgewicht geraten“.
Selbst soziale Interaktionen wie die Fortpflanzung könnten durch die immer heller werdenden Nächte beeinträchtigt werden.
Nachthimmel leuchtet heute mehr als doppelt so hell wie früher
Die im Fachblatt Scientific Reports veröffentlichte Studie ist die bisher umfangreichste ihrer Art zur Helligkeit des Nachthimmels. „Dennoch bilden wir damit nur einen Bruchteil des rapiden Wandels durch künstliche Beleuchtung ab“, räumt Christopher Kyba, der am IGB und am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) dazu forscht, ein. Die Wissenschaftler fordern deshalb ein internationales Netzwerk an Messstationen.
Grund für die Veränderungen ist künstliches Licht. Ihm, sagen die Wissenschaftler, „verdanken wir die Verlängerung unseres Tages und die Steigerung unserer Produktivität“. Die Kehrseite: Skyglow. So nennen die Wissenschaftler die immer heller werdenden Nächte auf dem ganzen Globus, das sie nun erstmals an weltweit 50 Orten zugleich maßen. „An 30 davon leuchtete der Nachthimmel mehr als doppelt so hell wie ein natürlicher Sternenhimmel“, ergab ihre Studie.
Himmel über Holland 10.000-mal heller als über Kitt Peak (USA)
Vor allem Wolken beeinflussen die Helligkeit des Nachthimmels und lassen sie enorm variieren. Messungen an ein und demselben Ort ergaben, dass der bedeckte Nachthimmel bis zu 18-mal heller sein kann als der Himmel in einer klaren Nacht. „Wolken wirken in diesen Fällen wie ein Verstärker“, erklärt Dr. Christopher Kyba, der am IGB und am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) zum Thema forscht. „Denn die in den Wolken enthaltenen Wassertropfen können das vom Boden abgestrahlte Licht meist nicht absorbieren und reflektieren einen Großteil davon zurück auf die Erde.“ Helle Gegenden erscheinen in bedeckten Nächten deshalb noch heller. In weit abgelegenen Regionen hingegen verdunkeln Wolken den Nachthimmel, indem sie Mond- und Sternenlicht abschirmen.
Die hellste Beobachtung stammt aus dem holländischen Ort Schipluiden. Dort war der Himmel 10.000-mal heller als über dem dunkelsten Ort der Studie, Kitt Peak in den USA. Auch bei den Durchschnittswerten stellten die Forscher weltweit extreme Unterschiede fest. So zeigte sich der bedeckte Nachthimmel über Berlin 300-mal heller als der über der Nordseeinsel Schiermonnikoog (NL). „Diese Spanne ist sehr viel größer als wir sie tagsüber beobachten können“, sagt Kyba.
red
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