Burnout und Depression nehmen zu. Geundheitsförderung in Betrieben gewinnt daher an Bedeutung. Oft jedoch erkennen Führungskräfte den Wert Betrieblicher Gesundheitsförderung erst, wenn sie selbst Stresssymptome spüren, weiß Andrea von Graszouw, die Europas größtes Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften (B.A.U.M. e. V.) als Konfliktmanagerin berät.
Warum zählt „gute Arbeit“ zu einem wichtigen Bestandteil eines Nachhaltigkeitskonzepts?
Andrea von Graszouw: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ besagt der Artikel 1 im Grundgesetz. Das gilt auch für den Umgang mit Menschen in Unternehmen und Organisationen. Ebenso regelt der § 241 BGB (2) die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Es gibt also bereits eine gesetzliche Verpflichtung ArbeitnehmerInnen von Schaden zu bewahren und ihre Gesundheit zu schützen. Das Thema „Gute Arbeit“ ist somit nichts Neues. Ein Nachhaltigkeitskonzept ohne die zentrale Berücksichtigung der
Bedürfnisse des Menschen im Mittelpunkt, ist für mich undenkbar.
Wie profitieren Unternehmen und Beschäftigte konkret von gutem Gesundheitsmanagement?
Ein gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld stärkt die Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden so zu Markenbotschaftern. Fluktuations-, Krankheits- und Folgekosten reduzieren sich. Gesundheitliche Risiken werden begrenzt. Wohlbefinden und
ein Gefühl des Glücks und der Zusammengehörigkeit stellen sich ein.
Warum ist das (bis jetzt oft noch) nicht selbstverständlich?
In der Praxis liegt es oft nicht am Willen oder der Einsicht sich diesem dringenden Thema zu widmen, sondern vielmehr an der Gewichtung der dringenden Themen im Tagesgeschäft. Operative Themen haben oft Vorrang. Zusätzlich fehlt an den zeitlichen und personellen Ressourcen. Nicht selten scheitert es zudem am Geld. Höhenverstellbare Schreibtische etwa sind in Klein- und mittelgroßen Unternehmen (KMU) bereits eine Investition, die sich nicht jeder Unternehmer leisten kann.
Was muss sich konkret ändern, damit Verantwortliche und Belegschaften dies so erkennen?
Die Mehrheit in der Belegschaft hat das längst erkannt. „Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer kennen bis zu drei Menschen im beruflichen Umfeld, die an Burnout erkrankt sind.“ Burnout und Depression prägen unsere Gesellschaft, davor kann niemand mehr die Augen verschließen. Verantwortliche ärgern sich oft über den hohen Krankheitsstand im Unternehmen. Nur selten erkennen Sie, dass die Fehlzeiten die Konsequenz ihres eigenen Konflikt- und Führungsverhalten sind. Hier braucht es Freiräume und Offenheit zur
Selbstreflexion und Selbsterfahrung.
Warum ist es so schwer, das Bewusstsein dafür in die Köpfe zu pflanzen?
Es ist eine Frage der eigenen Werte und Glaubenssätze der Menschen, die Führungsverantwortung in den Unternehmen übernehmen. Nicht selten sind sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur von ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen abgeschnitten. Hinzu kommen Verlustängste und der stetig zunehmende Kosten- und Leistungsdruck. Meist tritt eine bewusstseinsveränderung erst ein, wenn Führungskräfte selbst einen Burnout erlitten haben oder eine Grenzerfahrung machen mussten.
Welche drei Forderungen erheben Sie, um (rasch) „gute Arbeit“ zu implementieren?
Niemand erfüllt gern Forderungen, daher möchte ich Empfehlungen aussprechen:
(Führungskräfte, Personalverantwortliche) für Bewerber mit menschlicher Reife und sozialer Kompetenz.
bei fehlenden Ressourcen Unterstützung von außen.
Die VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. (Bundesverband)
Bundesgeschäftsstelle
Berliner Allee 105
13088 Berlin
Dr. Grit Tanner Foto: GESIOP
Ein Label, das über betriebliche Gesundheitsförderung für Beschäftigte informiert könnte Verbraucher über das Engagement von Unternehmen für ihre Beschäftigtren informieren. Dr. Grit Tanner (Universität Hamburg) zu einem Ergebnis des Projekte GESIOP.
Gesundheitsförderung in Unternehmen gewinnt an Bedeutung. Wenn immer mehr Ältere arbeiten oder der Stress im Beruf steigt, klettern krankheitsbedingte Fehlzeiten – mit allen wirtschaftlichen Konsequenzen. „Gute Arbeit“, wie sie Wissenschaftler und Praxispartner im Verbundprojekt GESIOP (Gesundheitsmanagement aus interorganisationaler Perspektive) proben, steuert dem entgegen und erwirtschaftet so Mehrwert für Belegschaften und Betriebe.