Die vergessene Katastrophe 2012 – Taifun Bopha

Große Wirbelstürme der letzten Jahre - welche fallen Ihnen ein? Sicherlich Hurrikan Sandy, der erst vor kurzem, Ende Oktober 2012 Amerika in Angst und Schrecken versetzte. Oder Katrina, der ganz New Orleans in Grund und Boden stampfte. Doch was ist mit Bopha? Dieser Taifun, noch aktueller als Sandy, fegte im Dezember 2012 über die Philippinen und lässt Katrina und Co. in Sachen Stärke und Ausmaß alt aussehen!

Screenshot UN-Bericht

Erstaunt? „Stärker als Katrina?“ Warum hören wir davon so wenig? Simon Tisdall vom Guardian bringt es auf den Punkt: Unsere Nachrichten sind westlich ausgerichtet.

Vorerst sind die Katastrophen spannend, die einen selbst oder die eigene Wirtschaft betreffen. Ein tropischer Wirbelsturm, der die amerikanische Küste streift, ist um einiges aufregender, als ein Taifun, der irgendwo im hintersten Pazifik herumirrt. Zudem müssten die Nachrichtenjournale dann fast wöchentlich von irgendwelchen Hurrikans und Monsunen aus Südostasien berichten. Das ist auf Dauer nicht rentabel.

 

Anzahl der Toten wurde bislang in Medien nicht nachgebessert

 

 

Screenshot UN-Bericht

Somit stoppten die meisten deutschen Medien auch einige Tage nach der Naturkatastrophe auf den Philippinen ihre Berichterstattung und die Zahl der Toten stagniert auf der ersten Google-Seite bei 700.

Der Spiegel zog schon eine Woche nach dem Unglück, am 11. Dezember seine Bilanz : „Es war das schwerste Unwetter auf den Philippinen in diesem Jahr: Mehr als 700 Menschen kamen durch Taifun ‚Bopha’ ums Leben. Fünf Millionen Bewohner des Landes leiden laut Uno unter den Folgen des verheerenden Wirbelsturms.“ Das ist sogar die neueste Meldung zu „Taifun Bopha“ auf der Google-Seite 1.

 

Hurrikan Sandy erlangt da schon ganz andere Quoten. Die Suchmaschine spuckt als erstes einen umfassenden Wikipedia-Bericht auf Deutsch aus. Auch vier Monate nach der Katastrophe füllt Sandy täglich Schlagzeilen. Die Nachrichten erzählen ausführlich von Ausmaßen, Einzelschicksalen und Aufräumarbeiten.

 

Bopha: 1067 Tote; Sandy: 285 Tote

 

Screenshot UN-Bericht

Nun aber zu Taifun Bopha: der auf den Philippinen besser unter „Pablo“ bekannte Hurrikan erlangte auf der Skala Kategorie 5, die höchst mögliche. Er traf mit 260 Stundenkilometern auf die südliche Insel Mindanao der Philippinen und ist somit der stärkste Wirbelsturm, der jemals in diesem Gebiet gemessen wurde. Denn eigentlich treten derart starke Wirbelstürme in dieser Region gar nicht auf. Bopha ist also auch als ein weiteres Indiz für den rasanten Klimawandel. Betroffen von den Schäden sind mehr als 6,2 Millionen Menschen, über 850.000 verloren durch den Tropensturm ihr Dach über dem Kopf. 1067 Menschen starben, weitere 844 werden vermisst.

 

Bei Hurrikan Sandy kamen 285 Menschen um. Und dennoch wird er als Mega- und Jahrhundert-Sturm von den Medien „gefeiert“. So schrieb die Zeit gestern: „Sandy schuf Szenarien, die an Bilder aus Katastrophenfilme wie The Day After Tomorrow oder Godzilla erinnerten.“ Anscheinend konnte selbst Hollywood noch keinen Streifen drehen, der an Ausmaße vergessener Taifune im Westpazifik rankommt.

 

Die „vergessenen“ Ungeheuer im Westpazifik

 

Screenshot UN-Bericht

Jährlich suchen um die 20 Wirbelstürme die Philippinen heim, darunter 3 sogenannte Super-Taifune, wie Bopha. Seit 1990 entrissen die Tropenstürme 23 Millionen Philippinern ihr Hab und Gut. Pablo nietete bei seinem Besuch im Dezember 90 Prozent der Kokosbäume binnen einiger Stunden um. Es wird 10 Jahre dauern, um die Kokosnussplantagen wieder aufzubauen, so Lorenzo Balbin, der Bürgermeister von New Bataan, einer Gemeinde auf Mindanao. Nicht nur die Bauern verloren ihre Existenzgrundlage, sondern auch über 1 Million Arbeiter.

 

Wie geht es jetzt den Betroffenen? Wer hilft? Und wie laufen die Aufräumarbeiten? Um sich ein genaueres Bild der aktuellen Lage auf Mindanao zu machen, muss man schon auf Seiten der UN oder NGOs, wie Oxfam stöbern. Auf der philippinischen Insel arbeiten Organisationen der Vereinten Nationen mit mehreren NGOs zusammen.

Es gelang ihnen, ein funktionierendes Trink- und Abwassersystem zu errichten, um Cholera und andere Krankheiten zu vermeiden. Die Helfer suchen nun nach einem geeigneten System, die Bevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. In den provisorischen Notcamps leben mittlerweile Tausende von Menschen.

Derzeit gefährden aber, wie UN und philippinische Medien berichten, weitere Überschwemmungen die laufenden Aufräumarbeiten und die ersten Erfolge.

In westlichen Nachrichten ist davon nichts zu hören.

 

Jessica Sallabank von der International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (IFRC) trifft den Nagel auf den Kopf, wenn sie Taifun Bopha „eine der vergessenen Desaster von 2012“ nennt.

 

60 Milliarden Dollar für amerikanische Sandy-Opfer; Bopha: 76 Millionen

 

Foto: UN

So belaufen sich die Sandy-Hilfen für die Betroffenen und die Aufräumarbeiten in den USA auf 60 Milliarden Dollar. Sandy wütete aber auch über Haiti, Kuba und anderen Karibik-Staaten. Auf Haiti sind 20.000 Menschen durch den Tropensturm obdachlos geworden. Zweidrittel der Ernte wurden laut UN-Berichten zerstört und über 1 Million Menschen sind durch die Folgen von Sandy vom Hunger bedroht. Der Notstand wurde bereits im November ausgerufen. Die Vereinten Nationen beschlossen im Dezember 2012 Haiti über das nächste Jahr hinweg mit 74 Millionen Dollar zu unterstützen.

Für die Bopha-Opfer war ein ähnlicher Etat gedacht, nämlich 76 Millionen Dollar, bislang kamen 27 Millionen Dollar auf Mindanao an.

 

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