Laubbäume: Supernasen statt Supergift

Hunde als Waldretter: Geht ein Containerschiff auf Reisen, gelten strenge Auflagen. Verlässt ein Schiff mit Granit einen Hafen in China, werden diese durch Holzlatten befestigt. In diesen Holzlatten verstecken sich gerne „blinde Passagiere“ z. B. in Gestalt des asiatischen Laubholzbockkäfers (Anoplophora glabripennis) bzw. deren Larven, denn dieses Holz dient ihm als Kinderstube. Der Käfer gilt jedoch hierzulande als meldepflichtiger Schadorganismus. Deshalb muss, laut Auflagen, die Ladung vor Reiseantritt begast werden. Hierzu dient Methylbromid, ein sehr schweres Umweltgift, welches im öffentlichen Bereich nicht zugelassen ist.

Laubholzbockkäfer Foto: Wikipedia CC

Wird die Auflage missachtet, ist das Risiko enorm, dass der Käfer sich ungehindert ausbreitet. Nichts desto trotz muss auch die begaste Ladung streng kontrolliert werden, wobei diese zunächst gut gelüftet werden muss, damit kein Gesundheitsrisiko besteht.

Aussehen, Anpassung und Ausbreitung

Bei dem asiatischen Laubholzbockkäfer oder kurz ALB handelt es sich um einen bis zu 3,5 cm großen Käfer mit schwarzem, weißgeflecktem Körper. Die Fühler sind länger als sein Körper und wie die Beine blau gebändert. Für einen Käferliebhaber im Heimatland des Käfers bestimmt ein schöner Anblick, nur leider hierzulande nicht, da er Laubbäume so stark schädigt, dass sie am Ende absterben. Der Käfer befällt kerngesunde Laubbäume und legt seine Eier unter der Borke ab. Die geschlüpfte Larve frisst sich durch den Stamm, die Säfte können nicht mehr richtig fließen. Der fertig entwickelte Käfer fliegt nach 20 Monaten durch ein kreisrundes Ausbohrloch aus. In den Hohlräumen, die der Käfer hinterlässt, können dann auch Pilze wachsen, die den Baum weiter schädigen. Nach drei bis vier Jahren geht er zugrunde. Als besonders hartnäckig gilt der Käfer wegen seiner Anpassungsfähigkeit.

Einen ersten Larvenfund in Weil am Rhein gab es 2012, sämtliche Bäume in dieser Hafenzone wurden darauf gefällt und verbrannt. Das Gebiet im Umkreis von zwei Kilometern ist seither Quarantänezone. Die Behörden fordern Spaziergänger auf Tafeln auf, sich umgehend zu melden, wenn sie den Käfer oder Larven finden. Und es wurden eigens Fangbäume gepflanzt, Ahornbäume, die der Schädling besonders liebt. Laut EU-Bestimmung darf keinerlei Schnittgut die Quarantänegebiete verlassen und es wird regelmäßig kontrolliert. Das Hafengebiet gilt im Moment als Käferfrei. Im Oktober 2012 wurde der zweite Befall in Bayern in Feldkirchen bei München festgestellt. Seither wird alles unternommen, um diese Quarantäneschädling dort auszurotten. Das besondere an diesem Befall: Zum ersten Mal wurde auch Wald und nicht nur Stadtgrün in Europa befallen.

Einsatz von Spürhunden mit Zertifikat

 

Nina Pfarr und ihr Spürhund Screenshot: StN

Matthias von Wuthenau, Fachreferent für Pflanzen-gesundheit am Landwirt-schaftlichen Technologiezentrum Augustenberg in Karlsruhe meint, dass Pflanzenschutzmittel, die gegen die kurzlebigen erwachsenen Käfer wirken, kaum für den öffentlichen Bereich zugelassen sind. Die Larven des Käfers können mehrere Jahre geschützt im Baumstamm leben. Die Injektion von Pflanzenschutzmitteln in den Stamm ist nicht immer effektiv und teuer. Deshalb sei es am sichersten, befallene Bäume zu fällen und zu entsorgen. In Amerika und Bayern werden auch Pheromonfallen eingesetzt. Doch auch die haben sich nicht bewährt.

Hier beginnt der Einsatz der beiden Labradorhündinnen Finja und Emily, denn ihr Frauchen, die Hundetrainerin Nina Pfarr, bekam eine direkte Anfrage vom Regierungspräsidium in Freiburg, ob sie ihre Hunde als ALB Spürhunde ausbilden lassen würde.

Die Basisausbildung zum „Anoplophora-Spürhunde-Team“ haben sie in Ossiach (Österreich) absolviert, das bisher einzige Trainingsprogramm mit Zertifikat. Nina Pfarr lernte alles über den Käfer, seine Verbreitung, Schadbilder und Verwechslungsmöglichkeiten. Sie nahm Geruchsmaterial für die Hunde mit nach Hause und sie übten ein halbes Jahr bis zur Prüfung in Ossiach. Alle drei sind nun gemeinsam ein Anoplophora Spürhundeteam mit Zertifikat. 32 solcher Teams gibt es in Europa mittlerweile, nur fünf in Deutschland.

Zu den Einsatzorten der drei und anderen Spürhunden zählen u. a. Weil am Rhein und Feldkirchen. Die Erfolgsquote der Hunde liegt bei 80 bis 85 Prozent, denn ihr Riechzentrum ist 40 Mal größer als das des Menschen. Gerüche erkennen sie tausendfach besser als Menschen. Innerhalb von Sekunden orten sie ihr Suchobjekt: Käfer, Larven, Puppen, Zersetzungsprozesse, Kot und Speichel des Laubholzbockkäfers. Somit sind sie schneller und vor allem treffsicherer als jeder menschliche „Suchtrupp“.

 

Globaler Handel ist Ursache für das „Käfer-Problem“

Die Überlegung bleibt, ob es nötig ist, Baummaterial zur Befestigung zu nutzen, wobei die Bäume bestimmt eigens dafür gefällt werden. Das Material wird meistens mit einem Umweltgift begast, welches zwar auslüftet, aber anschließend wird das Transportgut von Spürhunden beschnüffelt um Käfer aufzuspüren, die hier heimische Bäume zerstören. Sind die Bäume einmal befallen, müssen sie gefällt und vor Ort verbrannt werden, so wie alle weiteren Bäume im näheren Umkreis, um eine Ausbreitung komplett auszuschließen. Bei der Verbrennung wird nicht nur der Laubholzbockkäfer und seine Larven getötet, sondern auch alle heimischen Tiere, welche diese Bäume bewohnen. Entsprechende Pflanzenschutzmittel haben nicht gewirkt oder sind hier zulande für den öffentlichen Bereich gar nicht zugelassen. Befallenes Transportholz muss ebenfalls an Ort und Stelle verbrannt werden und Schnittholz darf die Quarantänezone am Hafen sowieso nicht verlassen, es dient also als "Einwegverpackung". Könnte nicht die Möglichkeit bestehen, Spürhunde vor Beginn der Fahrt einzusetzen, und überhaupt, ohne das Transportholz würde der Käfer doch gar nicht auf Reisen gehen….

 

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