Protest gegen falsche Wirtschaftsform geht weiter
Ein Jahr Occupy – was hat’s gebracht? Die Frage stellt die Süddeutsche Zeitung dem renommierten Politologen Claus Leggewie. Für ihn ist’s noch zu früh, um die Wirkung der Protestbewegung abschließend zu werten. Mit Kritik spart er dennoch nicht: „Frühere Antikapitalisten waren weniger freundlich und hatten auch mehr programmatischen Tiefgang.“
Ist Occupy an der mangelnden Erfahrung der Veranstalter gescheitert? „Viele von ihnen sind unter 35 und haben keine Großdemonstrationen erlebt, kennen wenig von Strategie, politischen Allianzen oder genossenschaftlicher Selbstorganisation“, analysiert Claus Leggewie.
Das lesenswerte Interview eröffnet die Debatte: Hat der weltweite Protest gegen den Raubtier-Kapitalismus wirklich Weichen gestellt? Oder ist den Demonstranten nach ihren Besetzungen der Wall Street der des Frankfurter Bankenviertels schon die Luft ausgegangen? Hätten sie sich einer politischen Partei anschließen sollen, um als Bewegung zu überdauern?
Geschichte verstellt uns den Blick
Leggewie bleibt optimistisch, betont dass „unser Blick“ auf die Protestanten geprägt sei, durch unsere historische Erfahrung wie „die 68er Bewegung und die Wende in der DDR“. Das könne, meint der Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, uns eine falsche Perspektive vermitteln, kommt aber zum eindeutigen Schluss: „Der kapitalismuskritische Protest wird in jedem Fall weitergehen, wenn vielleicht auch in einer anderen Form und unter einem anderen Namen.“