Dumm gelaufen: Waldschutz contra Klimaschutz

Frederic Vester (1925 – 2003) hatte die Ökologen das vernetzte Denken gelehrt. Vom Münchner Biochemiker und Systemdenker, der Mitglied im Club of Rome war, wissen wir, dass alles mit jedem zusammen hängt und lineare Schlussfolgerungen nur im Modell und nur manchmal zum richtigen Ergebnis führen. Meist ist die Welt komplexer. Rückkoppelungen verändern ihren Lauf in Richtungen, die wir zu Beginn kaum bedachten. Das berühmte Beispiel, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings in China über Europa Blitz flackern und Donner grollen lassen könne, sollte dies erklären.

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Umweltschützer und Wissenschaftler bedachten es offenbar nicht. Jetzt entdecken sie, dass der erfolgreiche Kampf gegen den sauren Regen und das Waldsterben im Gegenzug den Klimawandel anfacht. Darüber berichtet die Zeit. Sie beruft sich dabei auf die Ergebnisse eines Wisssenschaftler-Teams um Trude Storelvmo von der Universität Yale. Sie hatten Daten zu Temperatur, UV-Strahlung und Gasverteilung in der Atmosphäre von 1.300 Messstationen aus den Jahren 1964 bis 201o gesammelt und bewertet. Ihr Fazit: Der Smog der Sulfat-Areosole in der Stratosphäre habe UV-Strahlung abgefangen, Wolken langlebiger gemacht und sie Sonnenstrahlen reflektieren lassen. Entsprechend weniger konnte die Sonne die Erde aufheizen. „Genau diese Abkühlung hat Europa durch seine erfolgreichen Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung seit den 1980er Jahren ungewollt ausgehebelt“, schreibt die zeitung über das Ergebnis der Forschung in Yale.. 

 

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Dumm gelaufen. Das Forschungsresultat zeigt jedoch zugleich, wie schwierig der Klimawandel zu berechnen ist. Immer wieder entdecken Wissenschaftler neue Zusammenhänge oder erkennen sich gegenseitig bedingende Abhängigkeiten – wie jetzt der erfolgreiche Schutz des Waldes und das Anheizen des Klimas.

Die Lehre, die wir daraus ziehen sollten ist: Auch mit noch so viel Computer-Unterstützung bleiben die Vorhersagen, wie die Welt in 50 oder 100m Jahren aussieht, meist doch nur Spekulation. Die Modelle können Orientierung geben. Die Wahrheit sieht dennoch oft anders aus.

Das heißt auch: Die Menschen sollten von ihrem „hohen Ross“ steigen. Sie müssen erkennen, dass selbst High-tech kein Allheilmittel ist, mit dem wir alle unsere Fehler schon wieder ausbügeln können. Das erfordert Demut und eine andere Denkweise.

Begreifen wir das endlich.

 

 

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