Land der Feuer: "Italiens Tor zur Hölle"
Zu Beginn 2014 wurden erneut Bedenken laut, über die Verschmutzung eines Gebiets zwischen Neapel und Caserta durch Giftmüll. Die Gegend ist auch als “Terra dei Fuochi“ (Land der Feuer) bekannt. Seit den achtziger Jahren hat eine „Interessengemeinschaft“, bestehend aus der Camorra (organisierte kriminelle Familienclans), industriellen und politischen Kreisen Neapels und Kampaniens, diesen Teil Italiens sprichwörtlich vergiftet. Der Blogger Enzo Ciacco schreibt auf lettera43.it:
Siebenundfünfzig der zwischen Neapel und Caserta gelegenen Gemeinden haben im Juli 2013 den Land-der-Feuer-Pakt unterzeichnet. Aber die traurige Wahrheit ist, dass niemand sicher weiß, an wie vielen Plätzen und wo überall in der Gegend der Giftmüll über Jahre hin verscharrt wurde. ARPAC, die Umweltschutzbehörde Kampaniens, hat bereits mehr als 2.000 verseuchte Gelände ausfindig gemacht.
Enrico Ferdinandi zitiert aus den Aussagen des geläuterten Mafioso Carmine Schiavone, die dieser im Jahr 1997 vor dem Parlamentsausschuss über die Ökomafia machte. Eben diese Aussagen brachten den Casalesi-Clan zu Fall.
“Wir haben so etwas wie ein Militärsystem entwickelt mit Jungs, die noch keinen Eintrag im Strafregister hatten und mit einem gültigen Waffenschein in jedem Auto. Wir hatten Uniformen der Carabinieri, der Polizei und der Steuerfahndung und sogar Verkehrskellen. Jeder hatte sein eigenes Set.” Den Aussagen des reumütigen Mafioso zufolge, wurde nachts abgeladen und Bulldozer hätten dann alles mit Erde zugedeckt. Manchmal aber wurde der Müll bis zu 20 oder 30 Meter tief vergraben. Die Dokumente zeigen, dass radioaktiver Müll, genauer gesagt, nuklearer Schlamm aus Deutschland ” sich unter einer Büffel-Weide befindet, auf der kein Gras mehr wächst”.
Doch über all dem stehen die fatalen Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Webseite laretenonperdona.it listet folgende Krankheiten auf, unter denen die Bevölkerung nun vermehrt leidet:
In diesen Gegenden treten vermehrt verschiedene Krebsarten auf, zum Beispiel Magen-, Nieren-, Leber-, Kehlkopf-, Lungen-, Bronchien-, Brustfell- und Blasenkrebs, genauso wie Fehlbildungen und angeborene Anomalien.
Annalisa Tancredi von ambientequotidiano.it, untersucht die Konsequenzen dieser Verschmutzung, die sich auf die Landfläche, das Grundwasser, die Pflanzenwelt, die Flüsse, das Meer und die Atemluft auswirken:
Fazit ist, dass diese Felder trotz Verbots immer noch von Bauern bewirtschaftet werden. [...]Verkauft werden die Produkte nicht nur auf dem italienischen Markt, sondern auch in Europa und der ganzen Welt.
In der Gegend der Terra dei Fuochi sind nicht nur Land und Grundwasser kontaminiert, sondern auch das Vieh, das die Erzeugnisse des Landes frisst und trinkt. Ein ehemaliger Landwirt berichtete, dass von 3.000 Rindern, 2.700 wegen Erkrankungen, Schwäche und Geburtsfehlern verendeten: Er erzählte von echten Missgeburten mit Anomalien, wie zum Beispiel Lämmer, die mit zwei Köpfen geboren wurden oder mit einem Schwanz, der aus dem Magen herauswuchs.
Zugvögel, die auf ihrem Zwischenstopp aus einem der verseuchten Tümpel ihren Durst stillen und sich dabei vergiften, verenden noch bevor sie ihren Flug fortsetzen können.
Angesichts dieser Besorgnis erregenden Situation, machen sich die Einwohner der betroffenen Gegenden große Sorgen. Als Antwort auf ein Bittschreiben Kardinals Sepe und der Bischöfe der Diözese, der die Terra dei Fuochi angehört, hat das Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano die Regierung dazu aufgerufen, der Notsituation mit Entschlossenheit zu begegnen. Der Regierungszweig, der Ministerpräsident Enrico Letta unterstand, entschied im Januar 2014, das Militär nach Kampanien zu entsenden, um “der Ökomafia Einhalt zu gebieten”. Doch laut Medienberichten bezweifeln viele Bürger den Nutzen des Militärs in diesen Gegenden.
Autor: Bah Abdoulaye Übersetzung: Eva Gefflaut
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