Süßes Gift: wie Entwicklungs-Hilfe nur schadet

„Entwicklungshilfe ist definitiv sehr schädlich und extrem gefährlich“, betont der Wirtschaftsjournalist Mohamed Gueye in der Dokumentation „Süßes Gift“ von Peter Heller. Diese Aussage könnte auch die Bilanz des Films sein, der staatliche Entwicklungszusammenarbeit an den Pranger stellt. Heller, der seit Jahrzehnten Dokumentarfilmer ist, greift drei Beispiele auf, die zeigen, dass vieles in der Entwicklungsarbeit gründlich schief läuft.

Süßes Gift Szenenfoto: W-film/Lichtfilm

Am Turkana See im Norden Kenias machte eine norwegische Organisation vor Jahren Viehhirten zu Fischern. Die Menschen litten unter einer anhaltenden Dürreperiode. Die Tiere starben. Deshalb siedelten die Norweger die Turkana kurzerhand an den See um. Damit die Menschen Frisch- und Tiefkühlfisch weiterverkaufen konnten, bauten die Norweger eine große Fabrik an den Turkana-See. Doch als die Menschen die Fabrik in Betrieb nehmen wollten, gab es keinen Strom. Die Stromerzeugung mithilfe von Dieselgeneratoren war nicht rentabel. Nach ein paar Wochen wurde die Fabrik geschlossen.

Vor über 30 Jahren bauten deutsche Firmen den Manantali-Staudamm in Mali, um die Städte mit Strom zu versorgen. Ein riesiges Tal wurde überflutet, 12.000 Menschen mussten ihre Dörfer verlassen. Die Regierung siedelte sie in Gebiete um, in denen der Boden weniger fruchtbar war. Noch heute leiden die Menschen darunter, dass sie nicht von ihrer Landwirtschaft leben können. Sie sind auf Hilfe angewiesen. „Wenn man ab und zu Mal etwas leiden muss, ist das ja okay, aber auf Dauer macht einen das verrückt“, sagt ein Bewohner der umgesiedelten Dörfer.

Kein sprachloses Leiden wie auf Spenden-Plakaten

Ein weiteres Projekt, das Heller in „Süßes Gift“ dokumentiert, startete Ende der 1970er Jahre. Mit Hilfe von ausländischen Geldgebern wurde ein Baumwollbetrieb aufgebaut. „Die Bauern sollen moderne Anbautechniken erlernen, um die Erträge zu steigern, mehr Baumwolle zu exportieren und viel Geld zu verdienen“, erklärt Mwanzalima, der Direktor des Baumwollbetriebs 1978. Als Ende der 80er Jahre der Weltmarktpreis für Baumwolle einbrach, war der Betrieb nicht mehr rentabel und wurde geschlossen.

Heller lässt die Menschen sprechen, die mit den Auswirkungen der Entwicklungsindustrie zu kämpfen haben. Eine willkommene Abwechslung zu Spendenplakaten, die Menschen in sogenannten Entwicklungsländern oft als sprachlose Leidende darstellen.

Auf einige Szenen, die Klischees reproduzieren, hätte der Film jedoch gut verzichten können. Nackte Kinder, die im Sand spielen, tragen sicherlich nicht dazu bei, das Problem der Entwicklungszusammenarbeit zu beleuchten. Auch die Rolle der Regierungen vor Ort, die als Vertreter der Bevölkerung die Hauptverantwortung dafür tragen sollten, dass der Staat funktioniert und es den Menschen gut geht, kommt in „Süßes Gift“ zu kurz.

Entwicklunshilfeapparat einfach abschaffen

„Unsere Regierungen verbringen mehr Zeit damit, Spendenanträge zu stellen und die Bedingungen von Geberländern zu erfüllen, als damit, ihrem eigenen Volk einmal zuzuhören.“, erläutert der kenianische Wirtschaftswissenschaftler James Shikwati. Diese Hintergründe hätten in der Dokumentation noch mehr Raum verdient. Im Kern greift Peter Heller aber ein wichtiges Thema auf, das in den Medien viel zu wenig Anklang findet. Anstatt die willkürliche Marke von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit zu fordern, sollten wir uns die Frage stellen, warum sich der Entwicklungsapparat nach über 50 Jahren Hilfe noch nicht selbst abgeschafft hat.

 

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