Plastikfrei leben - Plastikfreie Zone

Plastikfrei leben ist die Vision und das Ziel von Katrin Schüler und ihrer Plastikfreien ZONE. In dem 2014 eröffneten Laden in München (Show- und Verkaufsraum, Kompetenzzentrum für Plastikfrei LEBEN) gibt es auch unverpackte BIO Köstlichkeiten. Aber anders als in den Unverpackt-Läden, liegt der Schwerpunkt hier auf plastikfreien Produkten ob für Küche, Bad, Büro oder Freizeit.

Foto: naturlieferant.de

Denn Plastikmüll ist heute eines der größten Umweltprobleme auf unserem Planeten. Allein im Meer schwimmen geschätzt über 100 Millionen Tonnen Abfälle. Der bekannteste und größte Müllstrudel im Südpazifik zum Beispiel umfasst eine Fläche in der Größe Zentraleuropas. Diese Müllmassen in den Weltmeeren beeinträchtigen die Meeresökosysteme. (siehe auch unsere Bildgalerie Müllplatz Meer).

Katrin Schüler, Dipl. Soziologin, berät Unternehmen bezüglich nachhaltiger Verpackung sowie zur Verwendung von nachhaltigen Materialien mit dem Ziel eines 100% plastikfreien Produkts. Besonders engagiert sie sich in der Beratung der Gastronomie (plastikfreie Küche) und des Einzelhandels (plastikfreie Verkaufsmaterialien). Sie ist Referentin und Beraterin zum Thema „Plastikfrei Leben“.

 

123energie hat das folgende Interview mit Katrin Schüler geführt:

123energie: Warum engagieren Sie sich gegen den Gebrauch von Plastik?

K. Schüler: Plastik ist mittlerweile überall zu finden, es „versteckt“ sich nicht mehr, sondern ist ständig präsent. Ich hatte mich schon länger mit einer nachhaltigen Lebenseinstellung beschäftigt, aber richtig aufgeweckt hat mich der Film Midway des Fotografen Chris Jordan. Er drehte eine Reportage über Vögel auf einer kleinen Insel, als er bemerkte, dass viele der kleinen Albatrosse verenden, weil sie Plastik verschlucken. Da habe ich angefangen nach Alternativen zu suchen.

Katrin Schüler Foto: Foto: Plastikfreie Zone

123energie: Wie funktioniert der Einkauf bei Plastikfreie Zone in München?

K. Schüler: Unsere Kunden geben uns ihre Einkaufslisten oder nennen uns ihre Wünsche und wir füllen ihnen die benötigte Menge in mitgebrachte saubere Gefäße oder in Behälter aus unserem Laden ab. Das ist ein großer Vorteil unseres Systems. Es gibt zum Beispiel Rezepte, für die Sie 125 Gramm Buchweizen benötigen. Das ist keine herkömmliche Verpackungsgröße und führt dazu, dass Lebensmittel, die unter Aufwand von sehr viel Wasser, Strom und Energie erzeugt wurden, im Schrank lagern und nie benutzt werden. Im Durchschnitt hat man 250 Produkte im Schrank stehen, rechnen Sie das mal hoch! 50 Prozent aller Lebensmittel werden heutzutage weggeworfen. Genau das verhindert der Kunde mit einem Einkauf bei uns, wo man genau die Mengen einkauft, die man benötigt.

123energie: Wie sieht es mit der Hygiene bei unverpackten Lebensmitteln aus?

K. Schüler: Diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt. Ich muss vorab sagen, dass wir keine Milch- oder Fleischprodukte anbieten und bei uns regelmäßig Kontrollen vom Amt stattfinden. Kunden freuen sich aber eher, dass bei uns eben nicht alles „tot“ in Plastik verpackt ist. Jeder erinnert sich wahrscheinlich noch an Tante-Emma-Läden, in denen alle Waren ohne Plastikverpackung angeboten wurden. Bei uns im Laden duftet es herrlich nach den verschiedenen Waren, wie z. B. Kräutern und Brot. Sie verströmen einen Duft, den sie im herkömmlichen Supermarkt so gar nicht mehr finden.

Lebensmittel können aufs Gramm genau abgewogen werden Foto: Plastikfreie Zone

123energie: Welche Produkte bieten Sie in Ihrem Sortiment an? Was finde ich bei Ihnen nicht?

K. Schüler: Wir unterscheiden uns von anderen „Unverpackt“- Geschäften. Zum einen bedienen wir unsere Kunden selbst und bieten keine Waren in großen Plastikgefäßen an. Zum anderen haben wir neben Lebensmitteln auch ein großes Sortiment an „Plastikfrei Leben“-Produkten: Büro- und Verpackungsmaterial, Küchenutensilien, Körper- und Raumpflege sowie Haushaltsprodukte. Darunter finden sich klassische vergessene Produkte wie feste Handseife, aber auch innovative Produkte wie neue Verpackungsmaterialien.

123energie: Gibt es große Preisunterschiede zu „herkömmlichen“ Supermärkten?

K. Schüler: Unsere Lebensmittel kosten das gleiche wie im Biosupermarkt. Bei den „Plastikfrei Leben“-Artikeln ist es so, dass man kurzfristig ein bisschen mehr investieren muss, aber langfristig deutlich sparen kann. Eine Zahnbürste aus Bambus kostet bei uns 4,90 Euro, ein festes Haarshampoo beläuft sich auf 9,90 Euro. Beides ganz ohne Plastik. Viele unserer Haushaltsartikel halten ewig und müssen nicht ständig ersetzt werden: zum Beispiel könnte jedes Kind zur Geburt eine Edelstahlflasche bekommen, die kostet einmalig circa 50 Euro und kann dafür ein Leben lang genutzt werden. Langfristig betrachtet würde sich das Investment definitiv lohnen.

123energie: Welche Kunden kommen zu Ihnen? Sind dies eher Stammkunden oder Menschen, die das Konzept einmal ausprobieren möchten?

K. Schüler: Circa 50 Prozent unserer Kunden sind Stammkunden. Die anderen 50 Prozent sind Touristen oder interessierte Passanten, die durch unsere Schaufensterdekoration in den Laden gelockt werden.

Viele Haushaltsartikel gibt es ohne Plastik Foto: Plastikfreie Zone

123energie: Plastikfreie Zone gibt es nun seit Februar 2014. Wie lautet Ihr Fazit, wenn Sie auf diese Zeit zurückblicken?

K. Schüler: Nur unverpackte Lebensmittel zu verkaufen, wie es mittlerweile viele Läden versuchen, ist aus kaufmännischer Sicht ein Risiko. Wir haben zu lange gelernt, verpackte Lebensmittel zu kaufen – Nudelverpackung öffnen, in den Topf und danach wegwerfen. Dieses Verhalten zu ändern benötigt Zeit, ich setze daher auf ein breites Sortiment. Der Markt für plastikfreie Waren ist auf jeden Fall riesig und ich hoffe, dass immer mehr Menschen ihr Konsumverhalten hinterfragen und der Ressourcenverschwendung Einhalt gebieten – und somit auch zu Energiewendern werden.

123energie: Mit wem würden Sie sich gern einmal über Plastikvermeidung unterhalten?

K. Schüler: Mit den Geschäftsführern von großen, weltweiten Lebensmittel- oder Haushaltkonzernen, wie beispielsweise Nestlé oder Procter & Gamble – und mit ihnen diskutieren, wie man ganze Generationen vor dem schlechten Einfluss des Plastiks retten kann.

123energie: Hand aufs Herz – was gehört privat zu Ihren größten Klimakillern?

K. Schüler: Ich esse sehr oft auswärts und ärgere mich dann, dass Plastikvermeidung in Restaurants keine Rolle spielt und leider auch in Restaurants sehr viele Fertigprodukte verwendet werden. Es stört mich, dass ich darauf nur minimal Einfluss nehmen kann und ich so weiterhin indirekt die Nutzung von Plastik unterstütze.

123energie: Nutzen Sie privat Ökostrom?

K. Schüler: Ja, tatsächlich haben wir in unserer WG vor kurzem einen Ökostrom-Vertrag abgeschlossen.

123energie: Was kann jeder Einzelne von uns tun, um im Alltag ein #Energiewender zu sein?

K. Schüler: Wenn Menschen zu uns kommen und sich noch nie mit dem Thema Plastikvermeidung beschäftigt haben, dann erklären wir ihnen immer zuerst, dass es nicht notwendig ist, alles Plastik sofort aus ihren Wohnungen zu entfernen. Denn diese Produkte wurden ja bereits aufwendig produziert. Vielmehr könnte man zunächst mit den folgenden Punkten beginnen:

  • Sobald ein Produkt im Haushalt kaputt ist, dieses durch ein nachhaltiges, langlebiges Produkt ohne Plastik ersetzen.
  • Das eigene Konsumverhalten hinterfragen. Qualität statt Quantität.
  • Produkte „sharen“. Brauche ich zum Beispiel wirklich eine eigene Bohrmaschine oder kann ich mir eine mit den Nachbarn teilen?

123energie: Frau Schüler, vielen Dank für das Interview!

Das Interview ist im Original nachlesbar unter blog.123energie.de #Energiewender

 

 

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